Das Stuttgarter Rathaus steht jetzt wieder ganz im Zeichen der Haushaltsberatungen. Der Etat soll eine Runde Sache werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Aus diversen Ämtern der Stadt kommen schon lang Klagen wegen Überlastung. Jetzt schlägt auch die Verwaltungsspitze viele weitere Stellen vor. Bei ihrem Haushaltsvorschlag geht sie auch sonst „an die Grenze des Vertretbaren“.

Stuttgart - Das Ringen um die Ausgabepolitik im Rathaus beginnt wieder. Am Donnerstag werden OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) dem Gemeinderat ihren Entwurf des Stadthaushalts 2018/2019 vorlegen – und bei dem sind sie „an die Grenze des Vertretbaren gegangen“. Soll heißen: maximale Ausgabenvorschläge, etwa für rund 500 neue Stellen, und maximales Ausreizen der Planzahlen für die erhofften Steuereinnahmen und Zuweisungen durch Bund und Land.

Damit zog die Führungsspitze auch Konsequenzen aus Kritik. Vor den Sommerferien sei ja vorgebracht worden, OB und Kämmerer würden die Verwaltung zu kurz halten, erinnerte Kuhn. Tatsächlich hatten Fraktionen beklagt, Föll plane bewusst zu zurückhaltend, bilde versteckte Geldreserven, berichte bei Jahresabschlüssen später zwar stets von stattlichen Überschüssen, aber stelle eben vorher nicht alles verfügbare Geld für die Planungen zur Verfügung. So beschneide er den Gestaltungsspielraum.

Stadtverwaltung hat künftig vielleicht 11 000 Stellen

Jetzt, sagte Kuhn, sei man viel näher an die Grenze gegangen. Damit habe für den Gemeinderat aber auch der Gestaltungsspielraum bei den bis 15. Dezember währenden Beratungen abgenommen. Auch Föll warnte: „Wenn es jetzt auch noch ein Wettrennen von Fraktionen im Draufpacken von zusätzlichen Ausgaben gibt, kippt der Etatentwurf vom Vertretbaren zum Unvertretbaren.“

Der Entwurf, der am Montag den Medien vorgestellt wurde, sieht rund 11 000 statt bisher etwa 10 600 Stellen in der Stadtverwaltung vor, auch 99 zusätzliche Stellen für die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), die die Stadt bezahlt. Sie dienen wie 24,5 geplante Stellen bei der Verwaltung der Offensive von Kuhn und Bürgermeister Dirk Thürnau (SPD) für mehr Sauberkeit in der Stadt. Diese Offensive, die jährlich zehn Millionen Euro kostet, werde Anfang 2019 die volle Wirkung entfalten, sagte Kuhn.

Die Bürgerbüros, von denen manche zeitweise wegen Personalmangels geschlossen bleiben, sollen 22,4 weitere Stellen bekommen, das Hochbauamt und das Stadtplanungsamt 19 beziehungsweise 10,5 Stellen, die Kitas zu Gunsten von knapp 1300 weiteren Betreuungsplätzen 68,8 Stellen, die Verkehrsüberwachung 19,3, das Gartenamt für die Pflege der Grünanlagen 16,5. Dadurch und wegen erwarteter Tariferhöhungen steigen die Personalausgaben von 605 Millionen im Jahr 2016 auf 662 Millionen im Jahr 2018.

Auch das Sporthallenbad ist in der Vorschlagsliste

In ihrer Vorschlagsliste empfehlen Kuhn und Föll zusätzliche Investitionen und Maßnahmen für 131 Millionen Euro im kommenden Jahr, für 215 Millionen im Jahr 2019 und für insgesamt 690 Millionen Euro bis 2022. Für den Doppeletat 2018/2019 schlagen sie unter anderem vor: den Bau des Sporthallenbads (30,2 Millionen Euro) sowie einer neuen Schule mit Kita und Turnhalle (37,3) im Neckarpark, den Ergänzungsbau für das Theaterhaus (39,8), den Ausbau des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums (44), die Sanierung des Kultur- und Kongresszentrums mit der Liederhalle (24,5), die Erneuerung des Marktplatzes (8,4) ab 2019 und die Weiterentwicklung des Hegelhauses zu einem Haus der Philosophie (0,96). Für die Zeit ab 2019 wollen sie – wie die Fraktionen – je neun Millionen Euro pro Jahr vorsehen, um die Zusammenlegung der beiden VVS-Tarifzonen in der Stadt zu finanzieren. Der Ticketpreis sei damit noch nicht bestimmt, sagte Kuhn.

Mit zehn Millionen Euro in zwei Jahren für die Förderung von sozialem Wohnungsbau und Familienbauprogramm sowie mit einer Million zur Subventionierung von Mietpreis- und Belegungsbindungen könne die Stadt die Verpflichtungen aus dem Bündnis für Wohnen erfüllen, sagte der OB.

Doppelhaushalt soll ein Volumen von sieben Milliarden Euro haben

Schwerpunkte sieht er in seiner Liste auch beim Thema Inklusion (plus 5,9 Millionen unter anderem für Barrierefreiheit im Bezirksrathaus Hedelfingen und an Bushaltestellen), beim Ausbau der Grün-Infrastruktur (24 Millionen bis 2022), beim Verkehr (67) und bei nachhaltiger Mobilität (plus 33,5). Der Radverkehr soll mit jährlich 3,8 Millionen zusätzlich gefördert werden.

Der vorgeschlagene Haushalt hat ein Volumen von sieben Milliarden Euro in zwei Jahren. Zudem setze man noch rund 500 Millionen Euro Restmittel aus vorigen Haushaltsjahren ein, hieß es. Für 2018 wird keine Kreditaufnahme geplant, für 2019 eine Kreditermächtigung von 58 Millionen Euro. 2020 könnten noch einmal 61 Millionen dazukommen. Wie bisher gelte aber weiter der Grundsatz, dass Stuttgart seine Substanz nicht aufzehren, sondern durch sorgsames Wirtschaften ausbauen wolle, sagte Föll. Zu den Haushaltsrisiken durch eine schlechtere Wirtschaftskonjunktur kämen andere Unwägbarkeiten hinzu, etwa Steuerentlastungen durch den Bund – die designierten Koalitionspartner reden von 15 oder 30 Milliarden Euro. Andererseits, warf Kuhn ein, könnte eine bessere Bezuschussung von Verkehrsprojekten Vorteile bringen.