Staus und Smog könnten in Paris bald der Vergangenheit angehören. Foto: Mauritius

Lärmende und stinkende Autokolonnen sollen in Paris in wenigen Jahren der Vergangenheit angehören: Bürgermeisterin Anne Hidalgo will bis 2030 nicht nur Dieselmotoren vollständig aus dem Stadtverkehr verbannen.

Paris - Paris steht vor einer neuen Revolution: Nur noch das Surren von Elektroautos soll in Zukunft auf den breiten Boulevards zu hören sein. Bürgermeisterin Anne Hidalgo schlägt dem Pariser Stadtrat nichts weniger als das Ende der herkömmlichen Verbrennungsmotoren binnen zwölf Jahren vor.

Bisher hatte die spanischstämmige Stadtvorsteherin nur die Absicht geäußert, Dieselmotoren bis zu den Olympischen Spielen von 2024 in Paris stufenweise – das heißt nach Alterskriterien – aus dem Stadtbild zu verbannen. Am Donnerstag bestätigte der für Verkehr zuständige stellvertretende Bürgermeister Christophe Najdovski einen Bericht des Radiosenders France-Info, wonach bis zum Jahr 2030 mit allen, also auch benzingetriebenen, Verbrennungsmotoren Schluss sein solle. Paris müsse bis dahin einen kohlendioxidneutralen Verkehr aufweisen. „Wenn die Verbrennungsmotoren landesweit bis 2040 ausgemerzt sein sollen, wie das die nationale Regierung vorsieht, müssen die Städte vorausgehen“, meinte Christophe Najdovski.

Ein städtischer Klimaplan

Hidalgo will ihr Ansinnen den übrigen Parteien Anfang November unterbreiten, um zwei Wochen später die nötigen Schritte zu beschließen. Einen städtischen Klimaplan, der 30 einschneidende Maßnahmen in Bereichen wie Urbanität oder Hausrenovierung vorsieht, hat die rot-grüne Mehrheit im Stadtparlament schon beschlossen. Am umstrittensten ist der Bereich Verkehr. Hidalgo setzt seit 2014 die Politik der Verkehrsberuhigung ihres Vorgängers Bertrand Delanoë fort. Vor einem Jahr hat sie weite Teile der Schnellstraße entlang der Seine in Fußgängerzonen verwandelt. Der Autoverkehr in Paris habe seit 2003 um 25 Prozent abgenommen, behauptet die 58-jährige Bürgermeisterin, die auch als nächste Präsidentschaftskandidatin der Sozialisten gehandelt wird. Die Konservativen und Autoverbände wenden ein, die Luftverschmutzung habe insgesamt nicht abgenommen, sondern sich in die Wohnviertel verlagert. Am bisher flüssigen Boulevard Saint-Germain, wo sich die Autos nun vierspurig stauten, sei die Luft sogar noch schlechter als vorher. Und richtig: Beim Triumphbogen hupen die ineinander verkeilten Fahrzeuge wie früher in so vielen Spielfilmen weiter in den Pariser Himmel.

Hidalgo will aber noch weiter gehen und, wie sie vor ein paar Tagen erklärte, auch die Ringautobahn um Paris verkehrsberuhigen. Noch bevor die hauptbetroffenen Vorstadtgemeinden richtig protestieren konnten, geht die unbeirrbare Andalusierin noch weiter und verkündet gleich die Verbannung aller Diesel- und Benzinmotoren aus Paris.

Kampf gegen Treibhausgase

Ihre rechte Hand Najdovski beschwichtigte am Donnerstag, hinter diesem Schritt stecke „keine autofeindliche Haltung, sondern das bloße Bemühen, die nationalen Vorgaben im Kampf gegen Treibhausgase einzuhalten“. In den Internetforen schimpfen die Autofahrer trotzdem über „Notre-Drame de Paris“ (Unser Drama), wie sie Hidalgo in Anlehnung an eine jüngste Buchveröffentlichung schelten.

Die konservative Zeitung „Le Figaro“ kommentierte am Donnerstag, die Zukunft der Innenstädte gehöre nun einmal den Elektrofahrzeugen. Heute müsse man nicht mehr „die Stadt dem Auto anpassen“, wie Staatspräsident Georges Pompidou in den sechziger Jahre erklärt habe, sondern umgekehrt.

Umbau der Autoindustrie

Der Druck für einen grundlegenden Umbau der Autoindustrie nimmt auch in anderen europäischen Ländern zu. Ab 2040 will Großbritannien den Verkauf neuer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verbieten. Für die auf Benzin und vor allem auf den Diesel fixierten britischen Autofahrer erfordert der Übergang ein grundlegendes Umdenken. Bislang verfügt nur einer von 200 verkauften Wagen in Großbritannien über einen Elektro- oder Hybridmotor. Und für einen echten Ansturm ist das Stromnetz nicht gerüstet.

Jüngsten Datensammlungen zufolge verfügen gewisse Straßen Londons und anderer britischer Städte in der Tat über die schlimmste Luftverschmutzung in Europa. Die EU dringt schon lange auf Maßnahmen. Und der High Court in London hat von der Regierung ultimativ einen Plan zur raschen Verbesserung der Luftqualität gefordert.