Kleinflugzeug, Businessflieger, Düsenjet: Mit dem Flugsimulator X-Plane kann man viele Maschinen durch die Lüfte steuern. Foto: dpa

Seit fast 25 Jahren verbessert der US-Amerikaner Austin Meyer sein Flugsimulationsprojekt X-Plane immer weiter. Die neue Version ist ein weiterer beeindruckender Entwicklungsschritt.

Stuttgart - Die Cessna zieht leicht nach oben auf 3000 Fuß Höhe. Eine kleine Bewegung am Joystick genügt, um den Flieger steigen zu lassen. In der Ferne taucht im Dunst die Stadt Seattle im US-Bundesstaat Washington auf. Unter der Maschine ziehen Straßen, Häuser, Felder und Hügel vorbei. Es sieht fast so realistisch aus, als würde man aus einem Fenster schauen: Autos überholen einander auf Schnellstraßen, am Himmel ziehen Wolken vorbei. Hier oben, nahe den Wolken, ist die Freiheit grenzenlos – auch virtuell.

In Zeiten, in denen Computerspiele vor allem auf Action getrimmt sind und Knalleffekt auf Knalleffekt folgt, in denen sie dem Spieler kaum noch eine Atempause gönnen, ist Flugsimulation fast so etwas wie ein Anachronismus. Geradezu behäbig geht es zu: Man kontrolliert immer wieder die Fluglage der Maschine, checkt die Instrumente – und genießt die Ruhe des Augenblicks. Einst war Flugsimulation die Königsdisziplin der Programmierung, heute ist es eine Nische. Es gibt weltweit noch eine Handvoll Programme, die sich mit dem Thema beschäftigen – viele sind schon mehrere Jahre alt.

Elfte Version von X-Plane

Einer, der stur daran glaubt, dass virtuelles Fliegen noch immer eine ganz eigene Faszination hat und daher seit rund 25 Jahren an seinem Programm festhält, ist der US-Amerikaner Austin Meyer. Nun hat er mit X-Plane 11 die elfte Version seines Flugsimulators X-Plane auf den Markt gebracht: Man kann mit seiner Software frei in der gesamten Welt umherfliegen – mit Tausenden Flughäfen, einer umfangreichen Navigationsdatenbank und mit einer Vielzahl an Flugzeugen zur Auswahl, von der kleinen einmotorigen Maschine bis zu Passagier- und Düsenjets.

Es ist eine Software, die nicht nur wegen ihrer vielen Schalter und Knöpfe in den Flugzeugen aus der Zeit gefallen scheint: Große Spiele-Blockbuster wie die „Assassins Creed“-Reihe von Ubisoft entstehen heutzutage gleichzeitig mithilfe verschiedener Teams mit Hunderten Programmierern auf der ganzen Welt. Sie kosten Hunderte Millionen Euro. Stets sind die Programmierer nur noch für Teilaspekte eines Spiels zuständig. Meyer hingegen kennt seine Software nach wie vor in- und auswendig, programmiert noch immer selbst. Als Privatpilot, der selbst sein Flugzeug entworfen hat, weiß er zudem genau, wie sich ein Flieger in der Luft anfühlt und welche Eigenheiten es nachzustellen gilt.

Gemeinsame Entscheidungen

Sein Programm X-Plane entsteht in Zusammenarbeit mit einer Handvoll externer Programmierer nach wie vor im Homeoffice – ein offizielles Softwarestudio gibt es nicht. Einmal pro Jahr treffen sich alle Programmierer, um gemeinsam zu entscheiden, welche neuen Features in der nächsten Version aufgenommen werden sollen. Ansonsten wird per E-Mail, Skype oder Telefon kommuniziert.

Begonnen hatte alles im Jahr 1988, als Austin Meyer im überfüllten Luftraum von San Diego mit seiner Privatmaschine unterwegs war. „Der Verkehrsfunk war sehr schnell, und ich konnte ihm kaum folgen. Nachdem ich gelandet war, beschloss ich, meinen eigenen Software-Flugtrainer auf dem Computer zu programmieren“, erklärt er. Archer II-IFR hieß die damalige Software. Es folgte ein Bachelor-Abschluss als Luft- und Raumfahrtingenieur an der Iowa State University.

Dann erweiterte Meyer seine Software, um nach und nach das Flugverhalten verschiedener Flugzeugmuster zu simulieren. Schließlich benannte er die Software 1993 in X-Plane um, in Anlehnung an Testflugzeuge, die auf der Edwards Air Force Base in Kalifornien seit den 60er Jahren getestet werden.

Vollwertiger Flugsimulator

Über die Jahre reifte X-Plane zu einem vollwertigen Flugsimulator. Allerdings stand er im Schatten des weltweit bekannten Microsoft-Flugsimulators, dem Pionier der Heimsimulatoren. Dass Meyers Produkt bis heute überlebt hat, ist vor allem einer treuen Fangemeinde zu verdanken, die sich von Anfang an vor allem für die realistischen Flugmodelle und die akkurate Wiedergabe physikalischer Gesetze begeisterte. „Wir simulieren nicht das Flugverhalten des Flugzeugs und spielen es zurück an den Spieler, sondern simulieren in Echtzeit die Umgebungsbedingungen und wie sich diese auf die Geometrie des Flugzeugs auswirken“, so Meyer.

Die daraus resultierenden Drehmomente, Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und Kräfte bedingen das Flugverhalten: „X-Plane gibt damit wieder, wie jedes Teil des Flugzeugs mit der Luft interagiert.“ Strömungsabrisse, Scherwinde oder Thermiken: All dies wird naturgetreu simuliert. In den meisten anderen Flugsimulatoren wird dies nicht geboten – hier fliegen die Flugzeuge oft wie auf Schienen.

Wohl nicht zuletzt deshalb basieren große Flugsimulatoren heute auf dem Flugmodell von X-Plane. Echte Piloten nutzen das Programm zum Training, und von der amerikanischen Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration hat X-Plane eine Zulassung zu Trainingszwecken – ein bemerkenswerter Erfolg für Meyers Unternehmen Laminar Research. Doch dabei soll es nicht bleiben. So hat Austin Meyer für seine Software schon heute eine Vision. „In fünf Jahren sehe ich X-Plane als einen Flugsimulator, den es dauerhaft online gibt und durch dessen Welt wir uns dann mit virtuellen Brillen bewegen – so als wären wir tatsächlich gerade in der Luft.“ Nur das Fliegen im eigenen echten Flugzeug ist dann noch schöner.

Notwendige Ressourcen

Umwelt
X-Plane liefert eine sehr realistische Welt, durch die man sich in der Luft bewegen kann. Sie ist sehr detailliert und an die jeweilige Region angepasst. Mehr als 34 000 Flughäfen können angeflogen werden. Es gibt USA-typische Vorstadthäuser und passende Gebäue für Europa. Straßen, Bahnlinien und Flüsse verlaufen da, wo sie auch in der Realität sind. Durch eine neuartige Technik spiegelt sich etwa die Runway am Rumpf der Maschine.

Systemvoraussetzungen
Als Betriebssysteme sind Windows 7, 8 oder 10 sowie OS X 10.10 oder neuer erforderlich. Ferner wird ein Intel-Core-Prozessor i3 bis i7 mit mindestens zwei Kernen oder ein vergleichbarer Prozessor von AMD benötigt. Der Arbeitsspeicher sollte mindestens 8 GB RAM haben, die Grafikkarte Direct-X-11-fähig mit mindestens 1 GB VRAM. Unterstützt werden NVIDIA, AMD und Intel.

Internet
Weitere Informationen und Download unter www.x-plane.com