Multiresistenter Keim: Das Bakterium Staphylococcus aureus (gelb)zerstört menschliche Blutzellen (rot). Foto: Imago/BSIP

Viele Antibiotika wirken nicht mehr, Bakterien entwickeln zunehmend Resistenzen. Die Folgen sind dramatisch. Jedes Jahr sterben in der EU Schätzungen zufolge 33 000 Menschen an resistenten Erregern. Ein neu entwickelter Wirkstoff ist ein vielversprechender Erfolg im Kampf gegen multiresistente Keime.

Antibiotika sind Medikamente gegen zum Teil lebensbedrohliche bakterielle Infektionen. Langfristig könnten sie ihre Wirksamkeit verlieren, wenn die Bakterien „lernen“, sich den Antibiotika durch die Ausbildung von Resistenzen zu widersetzen.

Nach einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs sterben jedes Jahr mehr als 33 000 Menschen in der EU an Infektionen, die durch medikamentenresistente Keime verursacht wurden.

Multiresistente Keime: Gefahr für die allgemeine Gesundheit

„Antimikrobielle Resistenz ist eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit“, heißt es in einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs. Bislang spreche nur wenig dafür, dass die bisherigen Bemühungen zur Eindämmung resistenter Keime die Gefahren für die Bevölkerung verringern konnten.

Antimikrobielle Resistenz bedeutet, dass Mikroben wie Bakterien, Viren oder Parasiten Resistenzen gegen Arzneimittel entwickeln, die zuvor gewirkt haben. Die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen solche multiresistenten Keime erfordert jedoch Zeit und schreitet langsamer voran, als sich die Bakterien weiterentwickeln.

Wie funktionieren Resistenzen von Bakterien?

Die Resistenzen von Keimen – also die Widerstandsfähigkeit gegen Medikamente – funktionieren so: Viele Bakterien haben mittlerweile ihre Ribosomen – das sind sogenannte makromolekulare Komplexe in Zellen, an denen etwa Bakterien ihre Proteine herstellen – so verändert, dass die dort ansetzenden Antibiotika heute nicht mehr so effektiv wirken.

Die Bakterien werden dadurch resistent und in der Folge viele dieser Antibiotika unwirksam. Forscher versuchen deshalb neuartige Antibiotika zu entwickeln, deren molekulare Struktur sich besser an unterschiedliche Ribosomenformen anpasst.

Warum könnte Cresomycin ein Hoffnungsträger sein?

Übersicht und Nahaufnahme von Cresomycin, gebunden an das bakterielle Ribosom des Bakteriums Thermus thermophilus. Foto: © Yury Polikanov/University of Illinois Chicago

Einem Forschungsteam um Kelvin Wu von der Harvard University in Cambridge (einem Vorort von Boston im im US-Bundesstaat Massachusetts) ist es nun gelungen, einen neuen Wirkstoff herzustellen – Cresomycin (CRM). Dieses Antibiotikum bindet sich effektiver an die Ribosomen verschiedener Bakterienarten, wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Science“ berichten.

Unter den Bakterien, gegen die Cresomycin wirkt, sind auch die multiresistenten Krankenhauskeime der Arten Staphylococcus aureus, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa.

Vor allem Staphylococcus aureus ist hierbei in großes Problem. Dieser Keim besiedelt viele Mechen und ist etwa in der Nase zu finden, ohne Krankheiten hervorzurufen. Im Falle eines geschwächten Immunsystems kann das Bakterium allerdings Wundinfektionen bis hin zur Sepsis (Blutvergiftung) hervorrufen. Viele Varianten von Staphylococcus aureus sind gegen herkömmliche Antibiotika resistent.

Werden noch andere antibakterielle Wirkstoffe entdeckt?

Die Forscher glauben, „dass unsere Ergebnisse ein gutes Zeichen für die zukünftige Entdeckung antibakterieller Wirkstoffe sind, die weitreichend gegen antibiotikaresistente Bakterien wirksam sind“.

Obwohl noch nicht abschließend geklärt sei, ob Cresomycin und ähnliche Medikamente beim Menschen sicher und wirksam sind, zeigten die Ergebnisse „im Vergleich zu klinisch zugelassenen Medikamenten eine deutlich verbesserte Hemmwirkung gegen eine lange Liste pathogener Bakterienstämme, die jedes Jahr mehr als eine Million Menschen töten“, erklärt einer der Autoren, Andrew Myers von der Harvard University.

Wirksam nur gegen bakterielle Infektionen

Eine zu häufige Verabreichung von Antibiotika an Menschen oder Tiere gilt als eine der Ursachen für die steigenden Resistenzen. Zumindest seien Antibiotika und andere antimikrobielle Medikamente bei Tieren zuletzt umsichtiger verwendet worden, heißt es im Rechnungshof-Bericht.

Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der Masttierhaltung wird seit langem kritisiert. Auch in der Humanmedizin wird zum Teil ohne Not ein Antibiotikum verschrieben – etwa bei einer Erkältung, die keine bakterielle Erkrankung ist. In 90 Prozent der Fälle sind Viren Ursache einer Erkältung.

Der Europäische Rechnungshof fordert, dass die Medikamente noch umsichtiger verwendet werden, die Resistenzen besser überwacht und Strategien für die Forschungsarbeit gestärkt werden.

Info: Tipps für den richtigen Umgang mit Antibiotika

Verordnung
Antibiotika sollten ausschließlich nach ärztlicher Verordnung eingenommen werden.

Dosierung
Antibiotika sollten so lange und in der Dosierung eingenommen werden, wie vom Arzt vorgesehen.

Kalzium
Einige Antibiotika werden durch Kalzium in ihrer Wirkung gestört. Sie sollten deshalb nicht mit Milch oder kalziumreichen Mineralwässern eingenommen werden. Idealerweise nimmt man die Tabletten mit einem großen Glas Wasser ein, heißt es weiter in der Info-Broschüre der Bundesapothekerkammer

Reste
Reste von Antibiotika sollten nicht aufgehoben oder von Patienten bei der nächsten Infektion auf eigene Faust eingenommen werden.

Entsorgung
Antibiotika sollten über den Hausmüll entsorgt werden, aber nicht über die Toilette oder das Waschbecken. Die Entsorgung von Antibiotika über das Abwasser verbreitet die Substanzen in die Umwelt und fördert so die Entstehung von Resistenzen. Einige Apotheken bieten als freiwilligen Service an, Arzneimittelreste zu entsorgen.

Hygiene
Viele Infektionen können durch einfache Hygienemaßnahmen vermieden werden. Empfehlenswert ist auch eine Grippeimpfung.